„DAX Digital Monitor 2022"
DAX40-Unternehmen haben immer noch Nachholbedarf bei der Digitalisierung
DAX-Unternehmen und Digitalisierung – nicht immer eine Selbstverständlichkeit. Die Forscher der FOM Hochschule und der Uni Duisburg-Essen wollten in Kooperation mit der KPMG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft AG wissen, wie es in den DAX-Konzernen um die Digitalisierung bestellt ist. Ist die Verantwortung auf Top-Managementebene verankert? Und wo liegt der Fokus der Digitalisierungsmaßnahmen aller DAX40-Unternehmen? Fragen, die in der Studie „DAX Digital Monitor 2022“ beantwortet werden. Die Autoren, Prof. Dr. Dirk Stein vom isf Institute for Strategic Finance der FOM Hochschule und Prof. Dr. Tobias Kollmann von der Universität Duisburg-Essen, geben Auskunft.
Die Digitalisierung bei den DAX40-Unternehmen schreitet weiter voran, doch in vielen Bereichen besteht noch Handlungsbedarf: Das ist die wesentliche Erkenntnis, die aus dem diesjährigen „DAX Digital Monitor“ hervorgeht. Dafür wurden unter anderem die Geschäftsberichte der Unternehmen aus dem Jahr 2021 sowie die Lebensläufe von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern analysiert. Die zentralen Ergebnisse im Überblick:
Maßnahmen zur Digitalisierung ausgeweitet
Die DAX40-Unternehmen haben im Vergleich zu den Vorjahren ihre Digitalisierungsmaßnahmen ausgeweitet. Erstmals gehören Erfolgskennzahlen der Digitalisierung zu den berichteten Schwerpunktfeldern, zu denen auch Punkte wie Kostensenkung, Kundenzentrierung, Wachstum und Innovation sowie Zukunftstechnologien zählen. Das einige Unternehmen solche Erfolgskennzahlen erfassen, unterstreicht das zunehmende Verständnis der Digitalisierung im Sinne der digitalen Transformation. Jedoch zeigt die Studie auch, dass die Kennzahlen in den Geschäftsberichten und für die Vergütung von Führungskräften derzeit noch eine eher untergeordnete Rolle spielen.
Allgemein wird über die Digitalisierungsmaßnahmen umfassender berichtet als in den Vorjahren. Das geht Hand in Hand mit der Tatsache, dass sowohl die Maßnahmen selbst als auch die damit einhergehenden Investitionsvolumina beträchtlich ausgebaut werden. Die Verankerung von Digital Leadership und Corporate Digital Responsibility (CDR) auf Ebene des Top-Managements hält mit dieser Entwicklung jedoch nicht Schritt.
Digital Leadership auf der Top-Führungsebene
Die Digitalisierungsverantwortung und -kompetenz im Top-Management ist zwar gestiegen, aber deutlich langsamer als in den Vorjahren. Bei 72 Prozent der Unternehmen ist sie fest auf der Vorstandsebene verankert. Im Vorjahr, vor der DAX-Erweiterung, war dies bei 60 Prozent der Unternehmen der Fall. Zudem ist ein eigenständiger Digitalchef im Vorstand nur bei fünf Unternehmen anzutreffen. In den Aufsichtsräten besteht ebenfalls Nachholbedarf: Auf der Arbeitgeberseite ist bei 80 Prozent der Unternehmen Digitalisierungsverantwortung und -kompetenz festzustellen – im Vorjahr waren es 77 Prozent. Auf der Arbeitnehmerseite hat sich der Wert zwar auf 25 Prozent nahezu verdoppelt, allerdings sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch einen Vertreter mit Digitalexpertise in nur jedem vierten Unternehmen im Aufsichtsrat anzutreffen.
Umfang und Form der Berichterstattung zur Digitalisierung
Die Digitalisierung nimmt in den Geschäftsberichten der Unternehmen weniger Raum ein als in den Vorjahren. Im Durchschnitt berichten sie auf zweieinhalb Seiten zur Digitalisierung – im Vorjahr waren es noch 3,75 Seiten. Mit der Deutschen Bank und der Münchener Rück widmen lediglich zwei der DAX40-Unternehmen der Digitalisierung ein eigenständiges Berichtsfeld. Demnach legen sie für dieses Thema eine eigenständige nichtfinanzielle Berichterstattung vor, die nicht Bestandteil des Geschäftsberichts ist. Im Vorjahr waren es noch vier Unternehmen, doch Merck und Volkswagen haben in diesem Jahr keine explizite Berichterstattung zur Digitalisierung vorgelegt.
Methodisches Vorgehen
Was wurde untersucht?
1. Berichtete Maßnahmen zur Digitalisierung
2. Digital Leadership auf der Top-Führungsebene
3. Umfang und Form der Berichterstattung zur Digitalisierung
Wie wurde untersucht?
1. Analyse der Geschäftsberichte 2021
2. Analyse der nichtfinanziellen Berichterstattung
3. Analyse der Lebensläufe von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern
Statements
Prof. Dr. Dirk Stein, FOM Hochschule: „Die Verankerung der Digital-Leadership-Kriterien auf Top-Management-Ebene hat sich im Vergleich zum Vorjahr deutlich verlangsamt. Der größte Handlungsbedarf liegt in der Verankerung der Digitalisierung als Vergütungskomponente auf Vorstandsebene und in der Erhöhung der Digitalkompetenz auf der Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat.“
Prof. Dr. Tobias Kollmann, Universität Duisburg-Essen: „Die Covid-19-Pandemie hat leider nicht dazu geführt, dass sich die Digitalisierung wirklich in der DNA der DAX40-Unternehmen verankert hat. Die geringe Anzahl an Chief Digital Officer, die fehlende Corporate Digital Responsibility, die fragwürdige Subsumierung der Digitalisierung als eines reinen ökologischen Nachhaltigkeitsaspekts und die zum Teil gewagte Interpretation von digitalen Kompetenzen in den Aufsichtsräten reicht nicht aus, um im digitalen Zeitalter zu bestehen.“
Hintergrund
Die digitale Transformation betrifft alle Unternehmen. Die fünf wertvollsten US-amerikanischen Digitalunternehmen – die sogenannten Big Five, also Apple, Alphabet (Google), Microsoft, Amazon und Meta (Facebook) – sind längst ein Kapitel für sich: Sie brachten es im ersten Quartal 2022 gemeinsam auf eine fünfeinhalbmal so hohe Marktkapitalisierung wie alle DAX40-Unternehmen zusammen. Bezogen auf den europäischen Rahmen sind die Kräfteverhältnisse etwas weniger ungleich. Der gemeinsame Börsenwert der Big Five betrug im selben Zeitraum das Zweieinhalbfache aller EURO-STOXX-50-Unternehmen zusammen. Die Bedeutung der digitalen Transformation für die Wettbewerbsfähigkeit der wirtschaftlichen Akteure ist vor diesem Hintergrund nicht mehr zu ignorieren.
Die vollständige Studie „DAX40 Digital Monitor 2022“ steht hier zum Download bereit:
www.dax-digital-monitor.de