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  • 2021
  • Dezember
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„Nostalgie als Stimmungsaufheller“

FOM Hochschule: Absolventin und Professor veröffentlichen gemeinsames Buch

Nostalgie wird meistens als rückwärtsgewandte und wenig hilfreiche Haltung verstanden, die einen Menschen daran hindert, nach vorne zu schauen und das eigene Leben konstruktiver zu bewältigen. Kann Nostalgie gezielt angewandt werden, um Menschen dabei zu helfen, besser mit Veränderungen oder Belastungen umzugehen? Mit diesem Thema haben sich Prof. Dr. Gernot Schiefer und die Wirtschaftspsychologie-Absolventin Laura Gehrlein der FOM Hochschule intensiv auseinandergesetzt und ihre Forschungsergebnisse in ihrem Buch „Nostalgie als Stimmungsaufheller“ im Springer Verlag veröffentlicht. Sie zeigen auf, dass Nostalgie eine positive Bewältigungsstrategie sein kann und hilfreich ist, um die eigene Stimmung zu verbessern und schwierige Situationen zu bewältigen.

Gemeinsam haben Prof. Dr. Gernot Schiefer und Laura Gehrlein ein Buch zum Thema verfasst.
Gemeinsam haben FOM Prof. Dr. Gernot Schiefer und Laura Gehrlein ein Buch zum Thema verfasst (Foto: Privat).

FOM Hochschule: „Nostalgie als Stimmungsaufheller“. Was genau meinen Sie damit? Wie kann Nostalgie den Menschen helfen und welche positiven Effekte haben nostalgische Erinnerungen?

Laura Gehrlein: Wir haben festgestellt, dass nostalgische Erinnerungen viele positive Effekte und Funktionen haben. Sie wirken beispielsweise inspirierend und steigern die Lebenszufriedenheit und den Optimismus. Nostalgie kann die empfundene Selbst-Kontinuität steigern: Das heißt, dass Menschen ein Gefühl der zeitlichen Stabilität und der Verbundenheit der eigenen Person zwischen der Vergangenheit und der Zukunft wahrnehmen. In vielen wissenschaftlichen Untersuchungen wird über vier positive Hauptfunktionen gesprochen. Neben den genannten Effekten ist besonders die Stärkung des Lebenssinns bedeutsam. Wir Menschen brauchen einen Sinn, das ist ein zentrales Motiv der menschlichen Existenz. Wenn Menschen einen Sinn in ihrem Leben verspüren, dann wird die eigene Existenz als zweckmäßig und wertvoll wahrgenommen.

FOM: Was verstehen Sie unter dem Begriff der Nostalgie? Und wie werden nostalgische Erinnerungen hervorgerufen?

Prof. Dr. Gernot Schiefer: Der Begriff der Nostalgie wird von vielen Autorinnen und Autoren unterschiedlich aufgefasst. Die Schwierigkeit liegt darin, dass es Unterschiede zwischen einem Alltags-Verständnis und dem wissenschaftlichen Alltagsverständnis des Begriffes gibt. Unter dem Begriff der Nostalgie versteht man im wissenschaftlichen Kontext eine bittersüße, vorwiegend positive Emotion, die auf das eigene Selbst gerichtet ist und zugleich die soziale Interaktion mit anderen einbezieht. Nostalgische Erinnerungen sind eine Mischung aus positiven Erinnerungen, der Sehnsucht nach der eigenen Kindheit, engen Beziehungen oder anderen positiven Ereignissen.

Laura Gehrlein: Nostalgische Erinnerungen werden entweder durch Auslösereize, sogenannte Trigger, aktiviert oder teilweise bewusst hervorgerufen. Diese Auslösereize können aus der Umwelt stammen oder von den eigenen Gedanken ausgehen. Unter äußeren Triggern werden zum Beispiel soziale Interaktionen, Gerüche und Geschmäcker oder aber auch Gegenstände verstanden. Einsamkeit, Langeweile oder ein Gefühl von Bedeutungslosigkeit sind innere Trigger.

FOM: Ihre Ausführungen lassen den Rückschluss zu, dass nostalgische Erinnerungen gezielt als Interventionen eingesetzt werden können. Könnte Nostalgie genutzt werden um Menschen zu helfen, und wenn ja, wie würde das aussehen?

Prof. Dr. Gernot Schiefer: Richtig! Nostalgie ist eine hilfreiche Bewältigungsstrategie. Sie unterstützt Menschen dabei, besser mit Belastungen oder Veränderungen umzugehen und hat weitreichende positive Effekte auf das Befinden des Menschen. Durch diese Eigenschaften lässt sich Nostalgie auch als Intervention einsetzten. In Psychotherapien kann Nostalgie beispielsweise genutzt werden, um den verspürten Lebenssinn und das Gefühl der sozialen Verbundenheit bei depressiven Patienten zu steigern. Genauso kann Nostalgie auch in Coaching- bzw. Beratungssituationen integriert werden. Der Einsatz ist in vielfältigen Weisen und Kontexten denkbar.

Laura Gehrlein: Nicht nur im therapeutischen Kontext, sondern auch in privaten und anderen beruflichen Situationen kann die Bewältigungstechnik angewandt werden. Allgemein kann die gezielte Nostalgie-Induktion zu einer positiven Auswirkung auf Zusammenhalt und Gemeinschaftserleben führen. Beim Einsatz von nostalgischem Denken muss auf eine richtige Dosierung geachtet werden. Ansonsten können sich die positiven nostalgischen Gedanken in unproduktive, negative Gedankenkreise umwandeln.

16.12.2021 | Mannheim und Saarbrücken

Gernot Schiefer ist Professor für Wirtschaftspsychologie und Personalmanagement an der FOM Hochschule in Mannheim und Saarbrücken. Er ist Leiter des KCQF KompetenzCentrum für Qualitative Forschung und forscht vor allem in den Bereichen psychoanalytische Führungskonzepte und Coaching.

Laura Gehrlein hat 2020 an der FOM in Mannheim ihren Master-Abschluss in Wirtschaftspsychologie absolviert und arbeitet als Marketing Specialist und in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie der internen Kommunikation bei einem internationalen Konzern.

Nostalgie als Stimmungsaufheller – Eine Einführung in die psychologischen Auswirkungen des nostalgischen Erinnerns ist im Springer Verlag erschienen.