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„Dynamic Pricing“ im Einzelhandel

EHI Wissenschaftspreis 2019: Beste Master-Arbeit kommt aus Frankfurt am Main

Tatjana Bockler, Wirtschaftspsychologie-Absolventin der FOM Hochschule in Frankfurt am Main, wurde für ihre Master-Arbeit „Heuristiken, Fairness und Dynamic Pricing - Verhaltensökonomische Faktoren und Preisfairnesseffekte bei Dynamic Pricing im Einzelhandel“ mit dem Wissenschaftspreis 2019 ausgezeichnet. Bereits zum 13. Mal vergaben das EHI und die GS1 Germany den Preis für herausragende wissenschaftliche Arbeiten mit durchschlagender Relevanz für aktuelle und zukünftige Fragestellungen des Handels.

Wissenschaftpreis 2019, Fotograf Axel Schulten

Über 50 Einreichungen, darunter insgesamt fünf FOM Arbeiten, konkurrierten in den Kategorien „Beste Bachelor-Arbeit“, „Beste Master-Arbeit“, „Beste Dissertation“ und „Beste Kooperation“. Die Master-Arbeit von Tatjana Bockler wurde aufgrund der großen Relevanz sowie für die Umsetzbarkeit im Handel, der hohen Innovationskraft und der angewandten wissenschaftlichen Methoden von einer Experten-Jury nach einem festgelegten Kriterien-Katalog zur Gewinnerin der Kategorie „Beste Masterarbeit“ gekürt. Der Preis zählt zu den renommiertesten Auszeichnungen für den wissenschaftlichen Nachwuchs im Bereich der Wirtschaftswissenschaften und ist mit insgesamt 38.000 Euro der höchstdotierte Wissenschaftspreis im Handel.

21.02.2019 | Frankfurt a. M.

FOM: Frau Bockler, in Ihrem Master-Studium Wirtschaftspsychologie wählten Sie den Schwerpunkt Markt- und Werbepsychologie. Wie hat sich Ihr Interesse an Marktpsychologie und Konsumentenverhalten entwickelt?

Tatjana Bockler: Mein Bachelor-Studium in „International Business“ absolvierte ich bereits vor mehr als 15 Jahren an einer niederländischen Hochschule. Die dort erworbenen betriebswirtschaftlichen Kenntnisse und interkulturellen Erfahrungen bildeten die Grundlage für meine Laufbahn im internationalen Marketing in der Konsumgüterbranche. Meine beruflichen Stationen im Trade Marketing und im strategischen Markenmanagement bei einem führenden internationalen Konsumgüterkonzern haben mich für die Fragen sensibilisiert, wie Marken auf Menschen wirken und welche inneren Prozesse die Kauf- und Konsumgewohnheiten bestimmen.

Persönlich begeistere ich mich für Themen, die mit Erkenntnissen aus der Psychologie einen Beitrag für betriebswirtschaftliche Entscheidungen leisten. Dieser interdisziplinäre Ansatz wird insbesondere in dem Forschungsgebiet der Verhaltensökonomie vorangetrieben. Ich finde es besonders spannend, über den Status Quo hinauszudenken, zukünftige Entwicklungen einzuschätzen und Zukunftsszenarien für den Konsumenten von morgen zu entwickeln.

FOM: „Heuristiken, Fairness und Dynamic Pricing - Verhaltensökonomische Faktoren und Preisfairnesseffekte bei Dynamic Pricing im Einzelhandel“ ist der Titel Ihrer Master-Arbeit. Für alle, die nicht in Ihrer Branche arbeiten – was heißt das genau und was haben Heuristiken mit Marketing zu tun?

Tatjana Bockler: Heuristiken sind mentale Vereinfachungsstrategien, die der Mensch unbewusst anwendet, um den kognitiven Aufwand in komplexen Entscheidungssituationen zu reduzieren. Das kann zu systematischen Wahrnehmungs- und Urteilstendenzen führen, welche etwa die Kaufentscheidung eines Kunden im Einzelhandel beeinflussen. Beispielsweise wird zur Beurteilung eines Angebotspreises häufig kein komplexer Vergleich mit Preisen anderer Packungsgrößen und Preisen von Wettbewerbsprodukten durchgeführt. Allein die Ankündigung eines Preisnachlasses führt zu einem wahrgenommenen positiven Preiserlebnis.

Wissenschaftspreis Tatjana Bockler FOM Master Absolventin
Tatjana Bockler (links) mit ihrer Laudatorin Dr. Simone Kerner, Marketing-Direktorin Peek & Cloppenburg (Foto: Axel Schulten)

In meiner Arbeit habe ich die Wirkung von häufig variierenden Preisen im Supermarkt auf die Psyche des Kunden und dessen Einkaufsstättentreue untersucht. Dabei ist die vom Kunden wahrgenommene Preisfairness des Anbieters ein zentrales Konstrukt. Zunächst untersuchte ich die Möglichkeiten, die sich einem Einzelhändler durch den Einsatz von dynamischem Pricing bieten. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht kann „Dynamic Pricing“ dazu beitragen, die Umsatzrendite für den Handel zu optimieren und auf eine gleichmäßigere Kundenfrequenz in der Einkaufsstätte hinzuwirken. Gleichzeitig ist die Kundenbindung als betriebswirtschaftliches Unterziel des Händlers zu berücksichtigen.

FOM: Was haben Sie herausgefunden: Welche Chancen bietet Dynamic Pricing, welche Risiken?

Tatjana Bockler: Durch den Trend zu Multichannel-Geschäftsmodellen werden im E-Commerce etablierte Preisverfahren eher auf den stationären Handel übergreifen. Zudem führen neue Technologien wie kassenlose Bezahlsysteme über den Zeitverlauf zu veränderten Einkaufsgewohnheiten, die in bestehende Normen einfließen und diese verändern. Damit verändert sich auch, was akzeptiert und als fair empfunden wird. Übertreiben sollten es Händler mit Optimierungen der Preisgestaltung allerdings nicht. Der subjektive Vorteil ist das wichtigste Kriterium für den Kunden, daher muss die Preisgestaltung und -kommunikation stets aus seinem Blickwinkel ausgestaltet werden.

FOM: Warum sahen Sie gerade bei „Dynamic Pricing“ Potenzial für das Thema Ihrer Master-Arbeit?

Tatjana Bockler: Mir ist aufgefallen, dass über das Thema „Dynamic Pricing“ in den Medien oft polemisch und einseitig berichtet wird. Die Aktualität des Themas und der unmittelbare Bezug zur Konsumentenpsychologie waren für mich der Anreiz. In Zusammenarbeit mit Prof. Dittrich, der die wissenschaftliche Leitung am KCI für interdisziplinäre Wirtschaftsforschung und Verhaltensökonomie am FOM Hochschulzentrum in Frankfurt am Main verantwortet, sind praxisrelevante Forschungsfragen entstanden.

FOM: Wie war Ihre Reaktion als Sie erfahren haben, dass Sie mit dem EHI Wissenschaftspreis 2019 ausgezeichnet werden?

Tatjana Bockler: Ehrliche Freude nicht allein darüber, dass ich die Jury mit meinem persönlichen Beitrag überzeugen konnte, sondern auch darüber, dass meine Arbeit aus dem noch jungen Fachbereich der Wirtschaftspsychologie im Wettbewerb mit den Arbeiten traditionellerer Fachbereiche ausgezeichnet wurde. Dies zeigt, dass Themen aus der Wirtschaftspsychologie von hoher Relevanz für betriebswirtschaftliche Fragestellungen sind. Die Entscheidung für das Master-Studium an der FOM hat sich für mich als absolut richtig erwiesen.